Vernehmlassung Gesetzes Revision zur Haushaltflexibilisierunq GrFlex
Sehr geehrter Herr Regierungsrat
Sehr geehrte Damen und Herren
Für die Möglichkeit, zu dieser für den Kanton und insbesondere auch den Wirtschaftsstandort Graubünden wichtigen Vorlage eine Vernehmlassung abgeben zu können, bedanken wir uns recht herzlich. Mit etwas Verspätung, welche Sie entschuldigen wollen, äussern wir uns zur Vorlage wie folgt:
1. Ja zur Haushaltsflexibilisierung
Wir gehen mit der Regierung einig, dass ein wirksames Entlastungsprogramm nur möglich und sinnvoll ist, wenn hierfür die mit der vorgeschlagenen Gesetzesrevision zur Haushaltsflexibilisierung vorgesehenen Grundlagen zur Erweiterung der Handlungsspielräume geschaffen werden, damit auch Ausgaben mit starker Ausgabenbindung angepasst werden können und nicht nur solche, welche blass teilweise gebunden oder direkt über das Budget steuerbar sind. In diesem lichte betrachtet geht die vorgeschlagene Gesetzesrevision in die richtige Richtung, reicht aber nicht aus. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass der Zeitpunkt gekommen ist, um ein Entlastungsprogramm vorzubereiten.
2. Personalaufwendungen flexibilisieren
Der Vergleich mit den Jahresrechnungen 2008 resp. 2013 zeigt, dass der Personalaufwand permanent nicht nur betragsmässig sondern auch prozentual ansteigt. Belief sich der Personalaufwand im Jahre 2008 auf 13%, stieg er im Jahr 2013 auf 14% und erreichte im Jahr 2018 bereits 16% (Betrieblicher Aufwand CHF 2,37 Mia.; Personalaufwand CHF 380 Mio.) und dies im Zeitalter der zunehmenden Digitalisierung. Diese Entwicklung zeigt, dass der Personalaufwand beim Kanton übermässig angestiegen ist, was auf Organisationsmängel schliessen lässt und zumindest kritisch hinterfragt werden muss. Dies umso mehr, als die Zunahme bei den Ausgaben nicht primär auf die Übernahme zusätzlicher Aufgaben und damit verbunden eine höhere Arbeitsbelastung zurückzuführen ist, sondern vor allem auf Beiträge an Dritte, Investitionen etc. Die Wirtschaft ist dezidiert der Meinung, dass die Arbeitsbedingungen beim Kanton im Vergleich zur Privatwirtschaft nach wie vor besser sind, wovon auch die nicht unerhebliche Personalfluktuation von der Privatwirtschaft zum Kanton resp. zur öffentlichen Hand und die Tatsache zeugen, dass der Personalmangel in der Privatwirtschaft erheblich akuter ist als bei der öffentlichen Hand. Auf der Suche nach Kostensenkungs- und Einsparungsmöglichkeiten werden in der Privatwirtschaft stets die Arbeitsabläufe, Effizienzsteigerungspotenziale und ganz generell die Lohnkosten einer näheren Prüfung unterzogen. Es ist für die Wirtschaft unverständlich, weshalb der Bereich Personalkosten bei der vorgeschlagenen Haushaltsflexibilisierung ausgeklammert wurde, zumal hier mit einfachen Flexibilisierungsmassnahmen ein beträchtliches Spar- resp. Entlastungspotenzial und überdies auch Effizienzsteigerungspotential bestände.
3. Ertragsüberschüsse
Es ist zwar erfreulich, dass der Kanton Graubünden seit dem Jahr 2004 - also genau nachdem das letzte Entlastungsprogramm durchgezogen wurde - durchwegs hohe Ertragsüberschüsse ausweist. Dass diese Ertragsüberschüsse - zwar immer noch auf sehr hohem Niveau - in der Tendenz abnehmen, hat jedoch nur zu einem geringen Teil mit rückläufigen Erträgen zu tun, sondern vielmehr mit stetig zunehmenden Ausgaben. Die Erfahrung zeigt, dass (zu) gesunde Staatsfinanzen zu übermässigen Ausgaben verleiten. Genau deswegen bedarf es auch eines Entlastungsprogrammes. Die seit über 14 Jahren zu verzeichnenden Überschüsse zeugen aber vor allem davon, dass in den letzten 14 Jahre viel zu hohe Steuern erhoben wurden. Und dass die Staatsquote in der Tendenz rückläufig ist, ist nicht auf das Finanzgebaren des Kantons zurückzuführen, sondern auf das in den letzten Jahren permanent zunehmende Bruttoinlandprodukt. Die Tatsache, dass die zum Teil erheblichen Ertragsüberschüsse auf zu hohe Steuereinahmen zurückzuführen sind, lässt sich mit keinem Argument wegdiskutieren. So betrachtet bestehen im Kanton Graubünden durchaus bereits im heutigen Zeitpunkt „strukturelle Defizite", welche nur dank übersetzter Steuererträge nicht offen ausgewiesen mussten.
4. Wirtschaftliche Entwicklung - Unternehmensbesteuerung
Die Wirtschaft im Kanton Graubünden entwickelt sich im schweizerischen Vergleich seit Jahren unterdurchschnittlich. Beim mittleren kantonalen BIP der Jahre 2008 bis 2016 liegt Graubünden im schweizweiten Vergleich an zehntletzter Stelle. Was vor allem fehlt, sind wertschöpfungsstarke Unternehmen. Der Kanton bemüht sich zwar redlich um die Verbesserung der Rahmenbedingungen. Für eine Stärkung des Wirtschaftsstandortes reicht „Durchschnittlichkeit" indessen nicht, dies vor allem angesichts der zahlreichen, zum Teil erheblichen Standortnachteile des Wirtschaftsstandortes Graubünden. Um diese Standortnachteile einigermassen aufzufangen, müssen jene Standortfaktoren, welche endogen durch den Kanton beeinflusst werden können, massiv gestärkt werden. Graubünden braucht - wie dies z. B. der Kanton Glarus vorgemacht hat - ein überdurchschnittlich ausgebautes Ultrabreitbandnetz, eine beherzte, massive Stärkung des Ausbildungsstandortes, um junge, im Kanton verbleibende Talente zu fördern, eine intelligente, wirkungsvolle Vernetzung der zum Teil kleinstrukturierten Unternehmen im Kanton und vor allem eine konkurrenzfähige, günstige Unternehmensbesteuerung im vorderen Drittel im schweizweiten Vergleich. Für all diese Investitionen - die CHF 40 Mio. zur Digitalisierung reichen bei Weitem nicht aus - ist der erforderliche finanzielle Handlungsspielraum zu schaffen. Bezüglich der Anforderungen an das revidierte Unternehmenssteuerrecht und die Notwendigkeit, im schweizweiten Vergleich in den vorderen Rängen positioniert zu sein, verweisen wir auf unsere Vernehmlassung zur Steuervorlage 17 vom 22. November 2018.
5. Entlastungsprogramm
Die Argumentation des Kantons Graubünden zur Finanzentwicklung ist widersprüchlich. Zum einen wird die Regierung nicht müde, seit Jahren von sich verschlechternden Ergebnissen zu warnen. Allerdings ist nicht absehbar, dass sich er tragsseitig in nächster Zeit erhebliche Verschlechterungen und Einbussen ergeben werden. Vielmehr wird zurecht auf das enorme Ausgabenwachstum hingewiesen (S. 4 erläuternder Bericht). Um ertragsseitig weiterhin auf konstante Steuereinnahmen zählen zu können, sind die Voraussetzungen für eine Stärkung der Wirtschaftsent - wicklung und der Wertschöpfung und damit der notwendige finanzielle Handlungsspielraum zu schaffen. ,,Gouverner c'est prevoir"! Wenn es der Regierung mit der Stärkung der Wirtschaftsentwicklung ernst ist und nicht nur ein Lippenbekenntnis, kann auf keinen Fall eine Verschlechterung des Unternehmenssteuerklimas in Kauf genommen werden. Und vor allem, wenn der Kanton von sich verdüsternden Finanzaussichten ausgeht, ist es unabdingbar, bereits heute durch ein Entlastungsprogramm den notwendigen finanziellen Spielraum zu schaffen. Das Entlastungsprogramm 2003 - auch damals initiiert und massgeblich beeinflusst von der Wirtschaft - war ein voller Erfolg und hat, wie auch die Regierung in ihrem erläuternden Bericht (S. 4) einräumt, die fulminante Finanzentwicklung im Kanton erst eingeleitet und ermöglicht. Damals stand der Kanton Graubünden vor der Wahl, entweder die Steuern zu erhöhen oder ein Entlastungsprogramm durchzuziehen. Der Kanton Graubünden hat sich damals "fünf vor zwölf" entgegen dem Vorschlag der Regierung und dank dem zusammenstehen bürgerlicher Parteien sowie der Wirtschaft für das Entlastungsprogramm entschieden. Sollte er die damaligen positiven Erfahrungen nicht mehr im Gedächtnis haben, was wir nicht annehmen, ist ihm dies in Erinnerung zu rufen. Zum Glück schreibt der Kanton im Moment noch keine Defizite . Dies Ändert nichts an der Tatsache, dass - wie bereits erwähnt, auch heute nicht unerhebliche strukturelle Probleme bestehen, welche nur deswegen noch nicht zu einem strukturellen Defizit geführt haben, weil die Steuereinnahmen übermässig hoch sind. Als Beispiel für das bestehende strukturelle Problem beim Kanton Graubünden möge die oben unter Ziff. 2 aufgezeigte Entwicklung beim Personalaufwand dienen. Eine solche Entwicklung ist in der Privatwirtschaft angesichts der rasant voranschreitenden Digitalisierung und damit verbundenen Vereinfachung der Abläufe nicht hinnehmbar. Aber auch in anderen Bereichen, welche mit der vorgeschlagenen Gesetzesrevision GrFlex flexibilisiert werden sollen, bestehen angesichts des massiven Ausgabenwachstums strukturelle Probleme, welche heute angegangen werden müssen, und nicht erst dann, wenn Defizite zur Tatsache werden.
6. Empfehlung
Im Sinne vorstehender Ausführungen sind wir dezidiert der Auffassung, dass zwar die vorgeschlagene Gesetzesrevisionen zur Haushaltsflexibilisierung (GrFlex) um gesetzt werden sollen, zusätzlich aber auch der Personalaufwand und die Sachausgaben in dieses Flexibilisierungsprogramm miteinbezogen werden müssen. Dies entbindet jedoch nicht davon, gleichzeitig ein von der Wirtschaft seit Jahren wiederholt verlangtes Entlastungsprogramm aufzugleisen.
Für die wohlwollende Aufnahme unserer Stellungnahme bedanken wir uns im Voraus.